Schüler*innen der Sekundarschule Pr. Oldendorf besuchten Ausstellung zu sexualisierter Gewalt

Bereits im letzten Schuljahr hat sich die Lerngruppe schon einmal im Rahmen einer schulischen Präventionsveranstaltung gemeinsam mit dem Team Schulsozialarbeit mit dem Thema der sexualisierten Gewalt inhaltlich aktiv auseinandergesetzt. Mit dem Ausstellungsbesuch, knüpfte sie an diesem Punkt noch einmal an. Hier wurde die Sichtweise der „Schuldfrage“ in den Mittelpunkt gesetzt. Nicht weil eine Frau einen kurzen Rock trug, ist sie zum Angriffspunkt von Gewalt geworden, sondern weil es um eine schuldhafte Machtausübung des Gegenübers ging. Die Klasse wurde ausgewählt, da es in ihr viele sensible und vernünftige Menschen gibt, die mit dem Thema gut umgehen können und die auch als Multiplikator*innen in ihren Peer-Groups die inhaltliche Aussage der Ausstellung weitergeben können.

Was ich anhatte. Dieser Titel wurde bewusst von der Ausstellungsmacherin Beatrix Wilms gewählt, da gesellschaftlich noch häufig die Frage nach der Kleidung gestellt wird, die ein Mensch mit sexuellen Gewalterfahrungen getragen hat – und damit wird ihm (un)bewusst häufig auch eine Schuld an der Tat zugeschoben. Dabei sollte doch ganz klar sein, dass Kleidung niemals eine Vergewaltigung verursacht. Vergewaltiger verursachen Vergewaltigungen, und sie sind es auch, die die alleinige Verantwortung tragen.

Oder kurz: A dress is not a yes!

Die Schüler*innen der Klasse 9a machten sich im März auf den Weg nach Münster, um sich dort mit der Ausstellung „Was ich anhatte“ zu beschäftigen. Die Ausstellung zeigt 12 Exponate von Frauen, die Opfer sexueller Übergriffe und sexualisierter Gewalt wurden. 12 Frauen, die in völlig unterschiedlichen Lebenswelten zu Hause gewesen sind. 12 Frauen, die völlig unterschiedlich sind und doch eins gemeinsam haben. Sie alle machten sexualisierte Gewalterfahrungen. Die Ausstellung zeigt auf schlichten Drahtbügeln Kleidungsstücke, die in Teilen sicherlich jede*r im Schrank hat – Hosenanzug, Nachthemd, Shirt, Slip, Uniform, Freizeitdress uvm.

Die unterschiedlichen Hintergrundgeschichten zu den ausgestellten Exponaten konnten verschiedener nicht sein. Sie zeigen auf, dass Übergriffe jederzeit und überall passieren können, egal ob in der Familie, in einer Partnerschaft, in einer Freundeskreisgruppe, auf Festen und Feiern, auf der Arbeit, im Pflegeheim oder an sonstigen Orten. Besonders darüber, dass es sehr häufig Täter*innen aus dem sozialen Nahraum sind, zeigten sich viele Schüler*innen betroffen und schockiert.

Wenn eine ganze Klasse in einem kleinen Ausstellungsraum ist und man trotzdem eine Stecknadel fallen hören kann, dann macht die Ausstellung etwas mit der Gruppe. Konzentriert standen die Schüler*innen minutenlang in Kleingruppen oder alleine vor den Geschichten und Kleidungsstücken und versetzten sich immer wieder in die unterschiedlichen Szenarien. Betroffenheit und Unverständnis konnten auf den Gesichtern abgelesen werden und wurden in den anschließenden Gesprächsgruppen und –angeboten ebenso deutlich formuliert.

Die Ausstellung zeigte klar, dass es um Gewalt und Machtmissbrauch geht, nicht um ein sexuelles Verlangen. Sie zeigt auf, dass viele Betroffene zunächst nicht mit ihren Geschichten an die Öffentlichkeit gegangen sind und wie tief die Narben des Erlebten sitzen. Sie verdeutlicht aber auch, dass es Wege aus dem Schweigen und den traumatischen Erfahrungen gibt und dass sexualisierte Übergriffe in unserer Gesellschaft leider keine Einzelfälle und schon gar keine Kavaliersdelikte sind. Auf Unverständnis stieß in der Schüler*innengruppe die ausgestellte Beispielgeschichte einer jungen Frau, die, als sie ihrem Dienstvorgesetzten berichtete, von einem Kollegen vergewaltigt worden zu sein, von ihm gefragt wurde, ob sie wirklich wissen, was sie ihrem Kollegen antut, wenn sie die Vergewaltigung zur Anzeige bringt.

Auch wenn die besuchte Ausstellung die Geschichten von Mädchen und Frauen zum Thema hat, darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden, dass auch Jungen und Männer Opfer von Gewalt und Missbrauch werden können und auch sind.

Regionale Hilfeangebote im Kreis Minden-Lübbecke, mit denen die Sekundarschule im Rahmen von regelmäßigen Präventionsangebote im engen Kontakt ist, sind die Beratungsstellen Wildwasser (www.wildwasser.de) und mannigfaltig (www.mannigfaltig.de).

Infos zur Ausstellung finden sich unter www.wasichanhatte.de